Emotionale Intelligenz – Erfolgsfaktor für Unternehmen

Besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten versuchen die Unternehmen neue Wege zu gehen, suchen nach neuen Impulsen und Anregungen. Sachkompetenz allein reicht heute im beruflichen Alltag nicht mehr aus, um Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter „bei der Stange“ zu halten. Emotionale Intelligenz ist das Zauberwort.

Um die Motivation der Mitarbeiter in deutschen Unternehmen ist es nicht gut bestellt. Betrachtet man die Ergebnisse der Gallup Studie zur Mitarbeitermotivation 2002, „…so sind lediglich 15 Prozent der deutschen Arbeitnehmer engagiert, 69 Prozent machen nur Dienst nach Vorschrift und 16 Prozent haben schon innerlich gekündigt. Der gesamtwirtschaftliche Schaden beträgt über 200 Milliarden Euro/p.a“. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten besinnen sich viele Menschen auf neue Erkenntnisse, versuchen neue Wege zu gehen und erhoffen sich neue Impulse und Anregungen. Nur fachlich gut ausgebildete Menschen sind nicht allein der Garant für einen dauerhaften Unternehmenserfolg.

Längst gilt als bewiesen, dass neben guten Produkten und Dienstleistungen auch die Tatsache, wie Menschen am besten mit anderen Menschen zusammen arbeiten, einen Erfolgsfaktor für ein Unternehmen darstellt.
Einmal mehr sind Führungskräfte deshalb gefordert, in den Unternehmen ein Klima zu schaffen, in dem die Mitarbeiter ihr Potenzial wirkungsvoll entfalten und verantwortungsbewusst ihre Arbeit erledigen können. „Die Führungskraft selbst muss dabei in der Lage sein, dem Mitarbeiter den notwendigen Rahmen zu schaffen, in dem er handeln kann. Bald merkt man, wie fähig ein Team ist, das motiviert und lustvoll an seine Arbeit herangeht“, sagt Karin Brämisch-Meyer, Beraterin für Veränderungs- und Transformationsprozesse.

„Es ist uneffektiv, Gefühle nicht wahrzunehmen“

„Der richtige Umgang mit Gefühlen und die Fähigkeit, eigene Empfindungen zu analysieren und auf die anderer einzugehen, sind wichtige Aspekte“, betont Karin Brämisch-Meyer. Diese grundlegende Fähigkeit, über die manche Menschen mehr, andere weniger verfügen, die aber gemessen und entwickelt werden kann, bezeichnet man als „Emotionale Intelligenz“. „Wer lernend lebt, kann seine emotionale Intelligenz ausbauen“, so Brämisch-Meyer, die schon allein aus Effektivitätsgründen dafür plädiert, Gefühle besser wahrzunehmen, anzuerkennen und zu nutzen.
Dazu ist es notwendig, dass sich jeder Mensch mit seinen eigenen Glaubenssätzen auseinander setzt, seine Einstellungen und Philosophien hinterfragt und gegebenenfalls verändert. Führungkräfte können diesen Prozess durch die Arbeit mit einem professionellen Coach beschleunigen. Für Mitarbeiter bieten sich Trainings an, um die Selbstreflexion anzuleiten und Veränderungen zu planen.
Karin Brämisch-Meyer definiert vier Charaktere von autoritär über kreativ bis hin zu eigensinnig und pflichtbewusst. Jeder dieser „Typen“ sieht sich im Zusammenspiel mit anderen anders und legt dementsprechend unterschiedliche Verhaltensweisen an den Tag.

Die Welt der Märchen – von autoritär bis everybody´s darling

In der Welt der Märchen lassen sich diese Charaktere und ihr Handeln hervorragend auffinden.- Der autoritäre Kommandant ist selbstbezogen und vertritt die Entweder-oder-Mentalität. Sein Motto „Alle Menschen sind gleich – mir jedenfalls“. Ihm fällt es schwer, loszulassen, wenn er etwas delegiert hat. „Im Märchen spielt die Mutter von Hänsel und Gretel diese Rolle, die nur die Möglichkeit entweder – oder gelten lässt“, so Karin Brämisch-Meyer.

Ihm gegenüber steht der kreative Gestalter – im Märchen durch Hänsel und Gretel verkörpert. Beide sehen sich als Partner in einer „win-win-Situation“. Weil sie die Kooperation suchen und miteinander lernen, weil sie die eigene Legende in die eigenen Hände nehmen, sind sie am Ende die Gewinner. Dritte im Bunde ist die Hexe im Märchen – sie steht für den eigensinnigen Individualisten. Er ist mit sich selbst beschäftigt, eigensinnig und sieht jeden Kampf als mögliche Niederlage an. Der Vater im Märchen von Hänsel und Gretel lässt sich als pflichtbewusster Diener charakterisieren. Der „everybody´s darling is everbody´s fool“ ist auf andere bezogen und kennt nur das „Entweder-oder“. Jeder dieser vier Charaktere kann sich weiter entwickeln, seine emotionale Intelligenz steigern.

Der autoritäre Kommandant muss lernen, Verantwortung zu entwickeln. Er muss seine Wertschätzung für andere zeigen und versuchen, die persönlichen Werte anderer herauszufinden. „Das Hinterfragen der eigenen Glaubenssätze ist wichtig. Stimmt es wirklich, dass man Sie bewundert? Beziehen Sie andere in Entscheidungsprozesse mit ein“, plädiert Brämisch-Meyer für ein mehr an Kooperation und Unterstützung.

Der eigensinnige Individualist muss ebenfalls Verantwortung entwickeln, verbindliche Verabredungen mit sich und anderen treffen. „Machen Sie sich Ihre persönlichen Werte bewusst und handeln Sie danach, konzentrieren Sie sich auf Ihre Fähigkeiten und bauen Sie diese aus“, fordert Brämisch-Meyer zum Handeln auf.

Der pflichtbewusste Diener muss lernen, Autorität zu entwickeln. „Überhöhen Sie andere nicht, indem Sie sie mit einem Heiligenschein versehen. Glaubenssätze, die Perfektion fordern, sind hilfreich – distanzieren Sie sich davon. Vermeiden Sie Muster, in denen Sie das Gefühl haben, um Erlaubnis fragen zu müssen. Wünschen Sie sich selbst Erfolg und fordern Sie ihn für sich ein,“ so die Beraterin.

Der kreative Gestalter ist aufgerufen, seine Position auszubauen und sich akzeptable Grenzen zu setzen. Brämisch-Meyer: „Weisen Sie sich als Experte aus. Ihr Handeln sollte immer stärker von freundlicher Zuwendung geprägt sein. Verstehen Sie Führung als Dienstleistung.“

Mehr Auseinandersetzung mit sich selbst

So lautet denn auch der Appell für jeden der vier Charaktere: „Die Auseinandersetzung mit sich selbst, mit der eigenen Biographie und den eigenen Gefühlen ist der Schlüssel auf dem Weg, um andere Menschen wahrzunehmen. Nur so kann man lernen, besser mit anderen Menschen zu arbeiten.“

Christiane Peters, markt & wirtschaft in OWL, 12/2002